Pflegeheime in Deutschland bis zum 12-fachen des EBITDA wert
Beim Verkauf eines Pflegeheims in Deutschland liegt der übliche Bewertungsmultiplikator aktuell zwischen dem 8- und 12-fachen des EBITDA (Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen). Das geht aus einem neuen Leitfaden des Immobiliendienstleisters Christie & Co. hervor. Die Autoren setzen dabei auf eine Markteinschätzung, die neben dem Gewinn auch Managementstruktur, Pflegesätze und Immobilienqualität berücksichtigt.

Christie & Co
Wie viel ein Pflegeheim wert ist, entscheidet hauptsächlich das EBITDA, aber auch Management, der laufende Betrieb und die Immobilienqualität zählen
Die Bandbreite des Multiplikators in Deutschland vom 8- bis 12-fachen des EBITDA ergibt sich aus verschiedenen Faktoren, darunter Standortqualität, Größe, Auslastung, Betreiberstruktur und Refinanzierungsfähigkeit der Pflegesätze, so die Experten von Christie & Co. in ihrem Leitfaden zur Pflegeheim-Bewertung 2025. In Österreich liegt der Multiplikator zwischen 7 und 11, in der Schweiz sogar zwischen 9 und 14.
Christie & Co. beziffert die marktüblichen Preise pro Pflegebett in Deutschland auf 70.000 bis 180.000 Euro – je nach Lage, Zustand und Anteil privat zahlender Bewohner.
EBITDA, die wichtigste Zahl bei der Bewertung
In der DACH-Region steht bei der Bewertung das sogenannte EBITDA im Zentrum – das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen, aber einschließlich Miet- oder Pachtzahlungen. Anders als im angelsächsischen Raum, wo häufig das EBITDAR (zusätzlich vor Pachtkosten) genutzt wird, bildet das EBITDA in Deutschland, Österreich und der Schweiz die realistischere Kennzahl ab.
Hintergrund ist die Trennung von Eigentum und Betrieb. In der DACH-Region sind Pflegeeinrichtungen meist an Betreiber verpachtet. Die Mietzahlungen sind fester Bestandteil des Geschäftsmodells und werden daher in die Ertragsbetrachtung einbezogen. Ein EBITDAR, das diese Kosten ausklammert, würde die wirtschaftliche Realität vieler Betriebe verzerren.
Laufender Betrieb ist ein Werttreiber
Für Betreiber und Investoren ist der nachhaltig erzielbare Gewinn entscheidend. Dieser ergibt sich unter anderem aus stabilen Belegungsquoten – als Richtwert gelten über 90 Prozent – sowie einer tragfähigen Pflegesatzstruktur. Auch der Anteil festangestellter Pflegekräfte, der Einsatz von Zeitarbeitskräften und die Managementunabhängigkeit von der Eigentümergesellschaft spielen eine Rolle.
Einrichtungen mit unabhängiger Heimleitung und funktionierender Führung gelten als wertstabiler, insbesondere bei einem möglichen Betreiberwechsel. Aktuelle Investitionskostenbescheide und regelmäßig verhandelte Pflegesätze sichern zudem die Refinanzierungsbasis ab.
In die Bewertung fließen neben der Ertragskraft des Betriebs auch Qualitätsmerkmale der Immobilie ein. Dazu gehören beispielsweise Einzelzimmer mit eigenem Bad, Barrierefreiheit, moderne Gebäudetechnik und Energieeffizienz. Einrichtungen, die ESG-konforme Standards erfüllen und über erweiterbare Flächen verfügen, erzielen in der Regel höhere Verkaufspreise.
Standort und Prüfberichte fließen in Bewertung ein
Die Standortqualität beeinflusst sowohl den Multiplikator als auch die Marktchancen maßgeblich. Bewertungsrelevant sind die demografische Entwicklung, regionale Förderprogramme, das Pflegesatzsystem und die kommunale Genehmigungspraxis. Einrichtungen mit guter Anbindung, stabiler Sozialstruktur und günstiger kommunaler Haltung sind im Vorteil.
Auch Prüfberichte von Heimaufsicht und Gesundheitsamt wirken sich unmittelbar auf die Bewertung aus. Ein positives Ergebnis schafft Vertrauen bei Käufern und Finanzierungspartnern. Betreiber setzen daher vermehrt auf interne Qualitätsbeauftragte oder externe Audits, um sich gezielt auf Kontrollen vorzubereiten.
Thomas Hartung