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16. Oktober 2025 | 16:51 Uhr
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Sechs Gründe, warum Pflegeanbieter in Insolvenz gehen

Von einem Heimsterben kann keine Rede sein, rund 80 Prozent aller insolventen Einrichtungen schließen nicht. Zu diesem Ergebnis kommt die Immobilienberatung Immotiss in ihrem kürzlich erschienenen "Faktencheck: Pflegeheiminsolvenzen". Trotzdem: Es lohnt sich für Anbieter und Politiker gleichermaßen, auf die Gründe für die Insolvenzen zu schauen, meint Jan Grabow (Foto), Autor des "Whitepapers zur wirtschaftlichen Lage der Gesundheits- und Sozialwirtschaft" von Curacon.

Jan Grabow von Curacon rät Trägern, ihre Strategien flexibel auszurichten und aktiv zu investieren

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Es stimmt: 2023 und 2024 gab es mehr Pflegeheiminsolvenzen als die Jahre zuvor. Doch es handelte sich um einen leichten Anstieg, besonders im Vergleich mit der Situation der Gesundheits- und Sozialwirtschaft insgesamt: Da zeigt die Grafik im Immotiss-Faktencheck einen ruckartigen Anstieg (Seite 4). Für die meisten betroffenen Einrichtungen ging die Situation obendrein glimpflich aus: Von den 2023 bundesweit 205 gemeldeten insolventen Pflegeheimen wurden nur 44 Häuser geschlossen – rund 80 Prozent wurden fortgeführt oder von neuen Trägern übernommen. Ähnlich war die Situation 2024: Für das Jahr zählt Immotiss 66 Insolvenzen, 14 davon führten zu Schließungen. Die Ausfallquote lag damit bei 0,39 Prozent (2023) und 0,12 Prozent (2024). 

Es gibt eine zentrale Insolvenzursache, die außerhalb der Macht der Betreiber liegt

Immotiss bringt die Insolvenzen damit in Zusammenhang, dass viele Träger die Bedeutung der Investitionskosten unterschätzen. Sie seien aber "der Schlüssel für Stabilität und Rendite". Trotzdem hätten 44 Prozent der Einrichtungen ihre Investitionskostensätze in den letzten fünf Jahren nicht angepasst. Möglicherweise ist dieser Hinweis für viele Träger nicht sehr hilfreich. Denn sie mussten die Eigenanteile schon wegen der gestiegenen Personalkosten erhöhen. Ein zusätzlicher Anstieg im Kostenblock Investitionen könnte das Fass zum Überlaufen bringen – schließlich gibt es Berichte, dass schon Bewohner ausgezogen sind wegen der rasanten Erhöhungen der letzten Zeit.

Grabow, bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Curacon verantwortlich für den Bereich Altenpflege, führt hingegen als Erstes eine Ursache an, die außerhalb der Macht der Betreiber liegt:

  • die unzureichend oder zeitlich verzögerten refinanzierten Kostensteigerungen. "Liquiditätsprobleme aufgrund von Verlusten und verzögerte Zahlungen von Kassen und Sozialhilfeträgern stellen die Zukunftsfähigkeit der Einrichtungen in Frage", sagt der Altenpflegeexperte. 
  • Hinzukommen oft noch überhöhte Mieten, Grabow spricht von einer "Overrent-Situationen".  
  • Ein weiterer Grund: Der Personalmangel zwingt zur Abwägung zwischen Leistungseinschränkung oder Inanspruchnahme von nur zu 50 Prozent finanzierten Fremdpersonal. "Auslastungsgrade liegen hiernach nicht selten unter 90 Prozent, die wirtschaftlich nicht tragfähig sind", so Grabow.
  • Gleichzeitig bestehe bei einem veralteten und energetisch ineffizienten Immobilienbestand sowie einem "erschreckend geringen Digitalisierungsgrad" ein hoher Investitionsbedarf, ohne dass eine Refinanzierung sichergestellt ist.
  • Als weiteren Problemkreis nennt Grabow die wachsenden exogenen Anforderungen, wie Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Immobilienmanagement und Energiekostencontrolling etc. "Es besteht die Notwendigkeit, die Overheads aufzustocken, ohne dass diese Mehrkosten sich in der Vergütung niederschlagen."

Ist eine Einrichtung defizitär und insolvenzgefährdet, steht eine Stabilisierungsstrategie im Vordergrund, so Grabow: um die Marktposition zu sichern und das Portfolio zu optimieren. "Des Weiteren sind Overheads, Prozesse und defizitäre Aufgaben auf den Prüfstand zu stellen, um wieder eine angemessene Rendite zu erzielen."

Wer sich den Veränderungen nicht anpasst, "riskiert wirtschaftliche Fragilität"

Die Lösung liege in einer Anpassung bestehender Strukturen – durch Effizienzsteigerungen, Digitalisierung, innovative Versorgungsmodelle und attraktive Arbeitsbedingungen. "Einrichtungen, die ihre Strategien flexibel ausrichten und aktiv investieren, können auch unter schwierigen Rahmenbedingungen stabile oder verbesserte Ergebnisse erzielen. Wer jedoch nicht reagiert, riskiert zunehmende wirtschaftliche Fragilität und eingeschränkte Leistungsfähigkeit", mahnt Grabow. 

Der Geschäftsführende Curacon-Partner ist überzeugt, dass sich der Markt zunehmend polarisiere: Da gibt es die, die sich den Veränderungen anpassen, und jene, die nicht reagieren. "Unser Datenpool zeigt jedenfalls, dass auch im 'Normalbetrieb' einer Pflegeeinrichtung 2024 eine Umsatzrendite zwischen 2 bis 4 Prozent erreicht werden konnte."

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