Kritik an Leistungskatalogen der ambulanten Pflege
Die Leistungskataloge der ambulanten Pflege lassen keinen Raum für Prävention, kritisiert die Pflegeexpertin Grit Braeseke vom Iges-Institut, das zu Gesundheitsfragen forscht und berät. "Sie sind körperbezogen, verrichtungsorientiert und ermöglichen keine ganzheitliche, individuelle, auch präventiv ausgerichtete Versorgung." Wie es besser klappen könnte, erläutert Braeseke in einem Diskussionspapier unter dem Titel "Impulse für eine präventive Neuausrichtung des SGB XI".
Iges
Schon für Versicherte mit Pflegegrad 1 sollte es Prävention geben, so Grit Braeseke vom Iges-Institut
Pilotanwender für G-CARE-Gesundheitsarmband gesucht
Die Innovation für automatisiertes Gesundheitsmonitoring sucht Pflegeeinrichtungen und ambulante Dienste als Pilotanwender: In Israel und den USA bereits tausendfach erfolgreich im Einsatz, profitieren nun auch deutsche Pflegeeinrichtungen und Pflegebedürftige von mehr Sicherheit durch das G-CARE-Armband und die dahinter stehende künstliche Intelligenz. Es überwacht alle wichtigen Vitalwerte und alarmiert bei gesundheitlichen Auffälligkeiten oder Stürzen sofort Pflegepersonal und Angehörige. Care vor9
Bisher sei Prävention in der Pflege nahezu nicht existent: Nur 0,05 Prozent der laufenden Gesundheitsausgaben der Sozialen Pflegeversicherung (SPV) seien 2023 in die Prävention geflossen – und zwar für Pflegebedürftige in Pflegeheimen, so Braeseke vor wenigen Tagen auf einer Iges-Veranstaltung.
Es müsse aber besonders auf die 85 Prozent der Pflegebedürftigen in der Häuslichkeit geschaut werden, sagt die Iges-Bereichsleiterin Pflege. Die häuslich Gepflegten seien eine Gruppe, die noch mehr Präventionspotenziale aufweise. Braeseke fordert, die Selbstverwaltung müsse die Landesrahmenverträge zur ambulanten Pflege überarbeiten, damit man hin zu personenzentrierten Ansätzen komme, die Selbstständigkeit und Fähigkeiten von Pflegebedürftigen fördern und erhalten.
So früh wie möglich mit einem standardisierten Assessment beginnen
Ein weiterer Vorschlag der Iges-Wissenschaftlerin: mit der Prävention so früh wie möglich beginnen. "Personen, die bei der Begutachtung zur Feststellung von Pflegebedürftigkeit keinen Pflegegrad oder Pflegegrad 1 erhalten, sollten künftig regelhaft auf entsprechende Präventionsmöglichkeiten und -angebote verwiesen und bei der Inanspruchnahme unterstützt werden." Es sei zu prüfen, inwieweit dafür der Entlastungsbetrag genutzt werden könne.
Auch sollte schon früh, bereits, wenn der Pflegebedürftige anfängt, Leistungen zu beziehen, ein Assessment der körperlichen und geistigen Ressourcen sowie der funktionalen Beeinträchtigungen stattfinden – und zwar standardisiert. Auf dieser Grundlage könne dann abgestimmt auf die Wünsche und Ziele der pflegebedürftigen Person, die Gesundheitsförderung und Pflege geplant werden. Um die Umsetzung des Plans sollten sich professionelle Case-Manager kümmern, die steuern und evaluieren.
Die Zahl der gesunden Lebensjahre im Alter ist in Deutschland deutlich gesunken
Im Zusammenhang mit der Prävention ist auch für Braeseke das Pflegegeld ein zentrales Thema. Sie schlägt vor, das Pflegegeld in den ersten drei Monaten nicht direkt auszuzahlen, sondern für das Geld Beratung oder Begleitung in der Häuslichkeit zu erbringen. Denn: Diese Menschen würden oft ohne jegliche professionelle Unterstützung versorgt.
Mit zwei Zahlen unterstreicht Braeseke die Dringlichkeit von Prävention im Alter: Laut dem EU-Statistikamt Eurostat ist in Deutschland die Zahl der gesunden Lebensjahre für Menschen ab 65 Jahren im Zeitraum von 2015 und 2022 deutlich gesunken: bei Frauen von 12,3 auf 8,6 Jahre, bei Männern von 11,4 auf 8,2 Jahre.
Das Impulspapier Prävention in der Pflege hat der Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV) beim Iges-Institut in Auftrag gegeben.
Kirsten Gaede