Tipps gegen Gewalt in der Pflege
Der Pommersche Diakonieverein macht in Sachen Gewaltschutz offenbar alles richtig: Er ist gerade vom Innenministerium in Mecklenburg-Vorpommern mit dem Landespräventionspreis 2025 ausgezeichnet worden. Auf Anfrage von Care vor9 präsentiert der Pommersche Diakonieverein eine ganze Liste, die sein Projekt "Gewaltschutz neu denken" beschreibt.

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Einer der wichtigsten Tipps für ein friedlicheres Miteinander in der Pflege: Gewaltvorfälle nicht unter den Tisch kehren!
So ganz neu scheinen viele Punkte darauf gar nicht, aber es ist der Umfang, der beeindruckt: Sprecherin Manuela Roethke schickt eine Liste mit 32 Schritten, die meisten sind konkret und gut nachvollziehbar. Die Liste in voller Länge:
- Enttabuisierung der Themen Gewalt und Sexualität durch einen offenen Dialog
- Ist-Analyse im Rahmen einer Umfrage zu Gewaltvorfällen am Arbeitsplatz (innerhalb unserer Einrichtungen)
- Risikofaktoren ermitteln
- einen Verhaltenskodex beziehungsweise eine Selbstverpflichtung zum gewaltfreien Umgang erarbeiten, die alle Mitarbeiter unterschreiben und die zu einem grenzachtenden und respektvollen Umgang untereinander und gegenüber den Klienten verpflichtet
- Hausordnung für Bewohner und Angehörige
- Veränderung der inneren Haltung (und intrinsischen Motivation) der Mitarbeiter, um eine Verhaltensänderung zu erreichen
- vielfältiges Fortbildungsprogramm (etwa zu Deeskalationstraining, gewaltfreie Kommunikation, Konfliktbewältigung, Emotionen und ihre Funktionen, Umgang mit Gewaltvorfällen, Kommunikation in Tür- und Angelgesprächen, Beziehungsgestaltung in der Arbeit mit Menschen mit Demenz, Stress- und Ressourcenmanagement
- Ausbildung einer Fachkraft für Gewaltschutz sowie zweier Deeskalationstrainer, die ein Präventionsteam bilden, das die Abteilungen, Wohnbereiche etc. bei der Aufarbeitung von Gewaltvorfällen unterstützt
- bei Bedarf Schwerpunktworkshops zur Gewaltprävention, begleitet durch externe Coaches oder Supervisoren
- Achtsamkeits- und Wahrnehmungsübungen, auch schon zu Beginn der Pflege-Ausbildung
- zeitnahe Kriseninterventionsgespräche für betroffenen Mitarbeitenden nach einem Gewaltvorfall
- bei Bedarf auch die Angebote der Berufsgenossenschaft, etwa die Vermittlung von therapeutischen Sitzungen für Mitarbeiter
- regelmäßige Fallgespräche zu herausforderndem Verhalten, begleitet durch die Präventionsbeauftragte, der Fokus liegt auf der Frage: Welche Funktion, Emotionen und Bedürfnisse verbergen sich hinter dem herausfordernden Verhalten? Wie können wir darauf reagieren, um Gewalt vorzubeugen und/oder die Mitarbeiter zu schützen?
- Prävention von sexuellen Übergriffen: Den Klienten, die Möglichkeit bieten, ihre sexuellen Bedürfnisse auszuleben, etwa Türschilder mit der Aufschrift "Bitte nicht stören", Hilfsmittel wie pornografische Hefte, Filme, Sexspielzeuge
- Einrichtung einer internen Meldestelle mit einer, extra dafür eingerichteten E-Mail-Adresse
- Einrichtung einer externen Meldestelle bei einer Ombudsperson (Rechtsanwalt)
- "Feedbackbutton" für anonyme Hinweise/Beschwerden über unsere Homepage
- Innerhalb der stationären Einrichtungen wurde ein Aushang mit "Beratungs- und Beschwerdestellen" für Bewohner und Angehörige veröffentlicht mit Ansprechpartnern
- Angehörigenabende in den Einrichtungen, bei denen die Präventionsbeauftragte, der Deeskalationstrainer und das Gewaltschutzkonzept vorgestellt werden
- bei Bedarf Teilnahme des Präventionsteams an den Sitzungen des Bewohnerbeirats
- Entlastung unseres Pflege- und Betreuungspersonals durch technische Innovationen, etwa mit der Voize-App. Das reduziert den Dokumentationsaufwand und lässt mehr Zeit, um Beziehungen zu Bewohnern aufzubauen
- Möglichkeit, eine Überlastungsanzeige zu schreiben, um Gewalt durch Überforderung vorzubeugen. Ein erweitertes Präventionsteam (bestehend aus der Geschäftsführung, der zuständigen Regionalleitung, der Präventionsbeauftragten und den Deeskalationstrainern) bearbeitet die Anzeige
- Aufklärung und Beratung von Angehörigen, vor allem auch im ambulanten Bereich, um häuslicher Gewalt vorzubeugen (etwa bei herausforderndem Verhalten infolge von Demenz). Verteilen von weiterführendem Informationsmaterial (Flyer und Broschüren)
- Kundenbefragungen mit Schwerpunkt auf Zufriedenheit, Kommunikation und Gewaltfreiheit
- jährlich eine erneute Risikoanalyse
- Auswertung von Gewaltvorfällen mit Ableitung notwendiger Schritte, im Rahmen des internen Arbeitsschutzausschusses
- psychische Verletzungen im Verbandsbuch erfassen, wenn nötig Meldung an die Berufsgenossenschaft
- externe Angebote für Traumatherapie, die Bewältigung psychischer Belastungen etc.
- Arbeitsgruppe der Präventionsbeauftragten innerhalb unserer Unternehmensgruppe (Pommersche Diakonie), zur Bearbeitung von bereichsübergreifenden Anforderungen und Fragestellungen
- unsere Präventionsbeauftragte ist mit anderen Fachkräften für Gewaltschutz auf Landesebene vernetzt
- Austausch innerhalb landesweiter Arbeitsgruppen des Dachverbands Diakonisches Werk
- Weiterentwicklung des Konzepts unter Einbeziehung der Mitarbeiter und Klienten in den verschiedenen pflegerischen Settings