Viele Träger müssen bald höhere Gehälter zahlen
Die Pflegebetriebe der Kommunen und der Caritas haben neue Tarife mit deutlichen Erhöhungen verhandelt. Das bedeutet für Anbieter ohne Tarifvertrag, dass sie bald wegen der Tariftreueregelung ebenfalls höhere Gehälter zahlen müssen. Wie hoch die Steigerung beim regional üblichen Entlohnungsniveau ab 2026 ausfallen wird, lasse sich aber nur schwer sagen, sagt Michael Greiner (Foto) vom Trägerverband BAD. Denkbar wäre aber zwischen 2 und 3,5 Prozent.

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Michael Greiner leitet die BAD-Geschäftsstelle Mitte und gehört zur erweiterten Bundesgeschäftsführung
Seit Einführung der Tariftreueregelung 2022 sind Pflegeanbieter verpflichtet, einen Tarifvertrag vollumfänglich anzuwenden, sich an einem Tarifvertrag zu orientieren oder das regional übliche Gehalt zu zahlen. Wenn sie sich an einen Tarif anlehnen, können sie wählen: sich etwa für den TVöD entscheiden, für die AVR der Caritas oder auch für einen Haustarifvertrag, beispielsweise der Wohnungsbaugenossenschaft Süderelbe. Diese Variante der Tariftreue bedeutet: Sie übernehmen präzise die vergütungsrelevanten Bestandteile, doch Vereinbarungen wie einen zusätzlichen Urlaubstag brauchen sie nicht zu berücksichtigen. Die höhere Vergütung müssen sie innerhalb von zwei Monaten nach Veröffentlichung des Vertrags, an dem sie sich orientieren, umsetzen.
Ende Oktober werden wieder die neuen regionalen Entgelte veröffentlicht
Die Mehrzahl der Pflegeanbieter entscheidet sich allerdings – Besonderheiten einzelner Regionen ausgenommen – für das regional übliche Entlohnungsniveau, beobachtet der Bundesverband Ambulante Dienste und Stationäre Einrichtungen (BAD). "Bei dieser Variante sind die Anbieter zwar nicht an ein Tarifwerk angebunden, aber etwa die Abschlüsse der kommunalen Anbieter und der Caritas fließen selbstverständlich bei der Errechnung des regional üblichen Entlohnungsniveaus ein", sagt Greiner aus der erweiterten BAD-Bundesgeschäftsführung.
Die Gehaltserhöhung von fast sechs Prozent in zwei Schritten und die deutlich höheren Schicht- und Wechselschichtzulagen beeinflussen – wenn auch nur mittelbar – die Gehälter in der Altenpflege also insgesamt. Der GKV-Spitzenverband errechnet und veröffentlicht die neuen regionalen Entgelte bis Ende Oktober, die Einrichtungen müssen sie dann bis 1. Januar 2026 umsetzen.
"Über die neuen Werte des regionalen Entgelts ab 1. Januar 2026 lässt sich tatsächlich nur spekulieren und keine handfeste Aussage treffen, da neben den benannten und bekannteren Tarifwerken eine Vielzahl der veröffentlichten Tarifverträge mit in die Ermittlung einfließt", sagt Greiner. Mutmaßlich wäre eine Steigerung zwischen 2 und 3,5 Prozent möglich. Es sei aber auch denkbar, dass sie von Bundesland zu Bundesland schwankt.
BAD: Kassen müssen Gehaltssteigerungen "zeitnah und vollumfänglich" refinanzieren
Gerade die jüngste Gehaltserhöhung der Caritas unterstreiche noch einmal, so Greiner, dass die gesetzlich gesicherte Refinanzierung der Kostensteigerungen dringend notwendig sei. Sollten die Gehaltssteigerungen nicht "zeitnah und vollumfänglich" refinanziert werden, drohe letzten Endes "ein Kollaps des Systems". In jedem Fall würden aber die Pflegebedürftigen, Angehörigen und Sozialhilfeträger weiter belastet. Denn sie müssten die Mehrkosten gerade für SGB-XI-Leistungen in der ambulanten Pflege zahlen, weil die Sachleistungsbeträge gedeckelt sind.
Es sei damit zu rechnen, dass Pflegebedürftige und ihre Angehörigen weitere Leistungen einsparen, weil sie die steigenden Eigenanteile nicht zahlen können. "Das geht aber zu Lasten einer ausreichenden pflegerischen Versorgung. Aus unserer Sicht ist es deshalb zwingend notwendig, hier gegenzusteuern, etwa durch eine Pflege-Vollversicherung."
Kirsten Gaede